Gottesdienst am 8. 12. 2002

Thema: Verlassen können oder verlassen sein?

1.         Einleitung

Worauf verlassen Sie sich? Rente? Geldanlagen oder Aktien?

Wie sieht es aus mit dem Staat? Verlassen Sie sich auf den Staat, die Sozialsysteme, die Gerechtigkeit, die angeblich in den Gerichten gesprochen werden soll?

Verlassen Sie sich auf die Versprechen der Politiker, egal welcher Couleur? Worauf verlassen Sie sich?

Auf die Gesundheit der angebotenen Nahrung? Auf das glückliche Schwein, das vielleicht nachher als Braten auf dem Tisch liegt?

Dass der Strom aus der Steckdose vielleicht nicht in einem AKW in Russland produziert wurde?

Verlassen Sie sich vielleicht auf die Familie, dass Sie im Alter gepflegt und geliebt werden, wenn Sie vielleicht pflegebedürftig sind, nicht mehr bei sinnen? Wie sieht es aus mit dem Partner, der Partnerin? Verlassen Sie sich darauf, dass das gemeinsame Leben gelingt.

Oder verlassen Sie sich auf sich selbst? Ihr Können? Ihren Instinkt?

Dass Sie vielleicht die immer komplizierter werdende Welt selbst erfassen können?

Da gibt es auch noch die Selbstreinigungskräfte der Wirtschaft, auf die ich mich verlassen könnte oder die Gewissheit, dass die Menschen Frieden wollen. Verlassen Sie sich darauf?

Ich weiß nicht wie es Ihnen geht, aber bei mir ist eine ziemliche Unsicherheit angekommen in diesem Advent, die scheinbar auch darauf beruht, dass alle Menschen keinem mehr vertrauen wollen oder sich auf das gesagte Wort verlassen wollen.

Da ist der Song vom Wahlbetrug die Nummer eins.

Da zanken sich Menschen, wer denn nun das meiste Geld hinterzogen hat, um Wahlkampf zu finanzieren.

Oder die Wut der Menschen, die sich verlassen fühlen von Ehrlichkeit, Gerechtigkeit, dass nun scheinbar die bisher gültigen gesellschaftlichen Absprachen (ob Steuererhöhung, Wirtschaftswachstum, Aufbruch, und was weiß ich noch) gänzlich in Frage gestellt werden.

Verlassen können wir uns heute wohl nur auf eines. Nicht scheint verlässlich. Nicht einmal die Gesundheit ist mehr das, auf was ich mich verlassen möchte; vor allem, wenn ich Lebkuchen essen möchte mit einer gigantisch hohen A... Belastung.

2.         Textbezug

Auf was können sich die Menschen im Jahr 60 nach Christi Geburt verlassen. Jesus ist vor fast 30 Jahren gekreuzigt worden. die Jünger , die Jesus noch live erlebt haben, werden immer weniger, weil sie sterben oder getötet werden. Und der Haupthandelsvertreter der neuen christlichen Religion, Paulus, wird in Rom hingerichtet.

Selbst in Israel gibt es zwar Gemeinden, aber irgendwie ist das mit der Wiederkunft Christi, so eine Sache.

Irgendetwas scheint da bei Gott schief zulaufen. Warum kommt Jesus als Messias nicht wieder und zeigt den Herrschenden wer der Chef im Land ist?

Kann man sich noch nicht einmal auf Gott verlassen?

Lukas nimmt im Predigttext, diese Stimmung auf.

Ich lese den Text nochmals, nachdem wir diese eben als Evangelium schon gehört haben.

Lukas 21, 25-33:

25 Und es werden Zeichen geschehen an Sonne und Mond und Sternen, und auf Erden wird den Völkern bange sein, und sie werden verzagen vor dem Brausen und Wogen des Meeres,

26 und die Menschen werden vergehen vor Furcht und in Erwartung der Dinge, die kommen sollen über die ganze Erde; denn die Kräfte der Himmel werden ins Wanken kommen.

27 Und alsdann [a] werden sie sehen den Menschensohn kommen in einer Wolke mit großer Kraft und Herrlichkeit.

28 Wenn aber dieses anfängt zu geschehen, dann seht auf und erhebt eure Häupter, [a] weil sich eure Erlösung naht.

Und er sagte ihnen ein Gleichnis: Seht den Feigenbaum und alle Bäume an:

30 wenn sie jetzt ausschlagen und ihr seht es, so wisst ihr selber, dass jetzt der Sommer nahe ist.

31 So auch ihr: wenn ihr seht, dass dies alles geschieht, so wisst, dass das Reich Gottes nahe ist.

32 Wahrlich, ich sage euch: Dieses Geschlecht wird nicht vergehen, bis es alles geschieht.

33 Himmel und Erde werden vergehen; aber meine Worte vergehen nicht.

Lukas versucht – salopp gesprochen – seine Leser zu beruhigen.

Er gibt Ihnen einen Aufgabe, die Welt genau zu beobachten und die Verwirrung der Welt als Zeichen dafür zu nehmen, dass Christus wiederkommt.

Das Blicken in den Himmel, das Beobachten der Bäume und schließlich das Wahrnehmen der Verwirrung und Verirrungen in der Welt sollen – so Lukas – der Schlüssel zu dem Gefühl sein, ich fühle mich von Gott verlassen. Weil ich mich scheinbar nicht auf ihn verlassen kann.

Aber ist wirklich so, dass Jesus so kommen wird wie wir uns das vorstellen. verlassen wir uns da nicht etwas viel wieder auf uns selbst und die Erkenntnis, dass Gott so handeln müsste wie wir es glauben, meinen und denken?

3.         Die verlässliche Wiederkunft Christi

Dass Gott uns Menschen ein Schnippchen schlägt, ist eigentlich bekannt. Die Grenzüberschreitung Gottes ist eben nicht mit Brausen und Dröhnen geschehen, sondern durch eine kleine Geburt in den niedrigen Verhältnissen dieser Welt. Advent, das heißt ja ankommen, ist eben die Erinnerung an die Ankunft Gottes in der Welt, eben ohne Brausen und Toben und Geschenke und Baum und Musik und Gottesdienst. Die Verlässlichkeit Gottes ist eben eine andere als wir diese uns vorstellen.

Nachdem sich nun Gott in die Welt geschlichen hat, damals in Bethlehem in dem damals und heute unruhigen Israel, nachdem er nun nicht damals Latein sondern aramäisch geredet hat, eben nicht mit feurigen Wagen fuhr sondern zu Fuß ging, sollten wir auch heute nicht dann verzweifeln, wenn Gott nicht immer das macht, was wir uns denken. Gottes Verlässlichkeit ist eben anders als unsere. Wer glaubt allen ernstes, dass Gott diesen Blödsinn veranstaltet, so wiederzukommen, dass es uns gefällt. Am besten wollte die Wiederkunft Christi als Saalwette bei „Wetten Daß?“ geschehnen.

Nein, ernsthaft. Die Wiederkunft Christi, das Hoffen, dass Gott sich uns Menschen voll und ganz annimmt ist doch keine Jahrmarktshow, sondern etwas das geschieht.

Es geschieht dann, wenn es Unsicherheit und Zweifel gibt, wenn die Menschen in Furcht und Angst leben, wenn das Tosen der Welt und das Dröhnen der Gefahr über uns steht.

Die Wiederkunft Christi, was ist das anderes als die Gewissheit, das Gefühl in schwierigen Zeiten, dass ich mich auf Gott verlassen kann. Gott ist eben nicht der VIP, der Über den roten Teppich wandert, sondern dort verlässlich wiederkommt, wo Menschen seiner bedürfen.

Dort, wo Menschen um eben und Leib zittern, dort, wo Menschen sich an Weihnachten der Hilfe erinnern, dort, wo die Unsicherheit mit dem Messer geschnitten werden kann. Wiederkunft Christi ist eben nichts anderes als die Dauernde Zusage für uns da zu sein.

4.         Verlassen können und Verlässlichkeit ausstrahlen

Als Christen sind wir eben in den Zwischenzeiten aufgerufen, wo Menschen Gottes Anwesenheit nicht mehr wahrnehmen, die Wiederkunft Christi erneut in Erinnerung zu rufen. Wiederkunft ist eben die Erinnerung an die Gewissheit und Verlässlichkeit Gottes.

Aufgerufen sind wir als Christen deutlich zu machen, was die Botschaft, was der Weg und was das Ziel Gottes mit uns Menschen ist.

Wir machen das of zu kompliziert. wir setzen und zu oft zu große Anforderungen. wir denken so verquert, dass wir das einfache des Lebens gar nicht mehr wahrnehmen. Auch wir Christen, heute und schon damals bei Lukas.

Die Botschaft ist einfach. E Gott ist verlässlich angekommen. Er steht neben uns in Gestalt der Nächsten und Fernen, in Gestalt des Bettlers und des Managers, in Gestalt des Kranken und Gesunden.

Unsere Aufgabe ist eben nicht das Warten, sondern das Leben der Botschaft: Das Ziel sind die Menschen und der Umgang mit anderen Menschen, die genauso wie du und ich eines brauchen, um das Leben, das Leben, das Fühlen und Denken gestalten zu können.

Sie, wir, ich und du brauchen nur eines: Verlässlichkeit im Leben. Gottes Verlässlichkeit ist die, die sogar über das Leben hinausgeht.

Und das ist die Botschaft des heutigen Sonntag:

Verlassen zu sein ist ein Zustand der Welt. Verlässlichkeit Gottes ist die Gewissheit des Lebens, dass Gott eben heute, hier, jetzt da ist.

Amen

 

Und die Verlässlichkeit Gottes die größer ist als wir verstehen und erfassen können, bewahre unseren Glauben an das Leben in Christus Jesus.

Amen