13.05.2018 (2. Kor. 13, 13): Evangelisch Erwachsen Werden, - Sein und -Bleiben

(Konfirmation in Raunheim)

1.      Einleitung

Jungs, Mädels – nun darf ich euch noch ein letztes Mal mit einer Predigt als Konfirmanden quälen. Ich weiß, dass Ihr gewaltig gelitten habt, wenn ich irgendwie mindestens 20-30 Minuten euch zugepredigt habe.

Das ist aber auch nicht anders zu Hause, in der Schule oder im Beruf. Irgendwie wollen die Erwachsenen einem als Jugendlichem immer erzählen, wie man etwas zu machen habe oder was man lassen müsste.

Nun werdet ihr evangelisch Erwachsen, und ihr könnt nun die Freiheit genießen, die man als Volljähriger – zuerst nur mal als Evangelische oder als Evangelischer – scheinbar genießt.

Wenn ihr nun nach diesem Gottesdienst zu eurer Feier, zu eurem ersten Tag in die Erwachsenwelt, zumindest der evangelischen Erwachsenenwelt aufbrecht, so wird einiges nicht nur auf euch warten, sondern einiges auch an Veränderungen eures Lebens von anderen erwartet.

Ich habe ja immer wieder angedeutet, dass Ihr heute Evangelisch Erwachsen werdet. Was das aber im Detail bedeutet, habe ich bisher kaum inhaltlich gefüllt. Ich möchte das mal anhand von drei Aspekten machen:

a) Evangelisch Erwachsen werden, b) Evangelisch Erwachsen sein c) Evangelisch Erwachsen bleiben

2.      Evangelisch Erwachsen werden

Was bedeutet es, evangelisch Erwachsen zu werden? Wird man volljährig in Deutschland mit 18 Jahren) so hat man durch dieses Alter gewisse Rechte, aber auch Pflichten. Man darf selbständig Autofahren, ohne Einwilligung heiraten, oder wählen, oder selbstverantwortlich eine Fülle von Verträgen abschließen, ohne dass Eltern gegenzeichnen; z.B. Beim Handytarif. Wenn man evangelisch Erwachsen wird, ist es in wenigen formalen Dingen auch so: Ihr dürft nun zum Abendmahl gehen, Pate oder Patin werden und auch bei Wahlen zum Kirchenvorstand mitmachen.

Viel wichtiger als diese formalen Dinge ist aber das, was mit dem Evangelischen Leben in den Blick kommt. Letztlich geht es um eine Sache: Wir sprechen euch das Vertrauen, dass Ihr nun selbständig als evangelische Gemeindeglieder handelt und agiert.  Wir trauen euch das zu. Letztlich ist dieses Zutrauen und Vertrauen, welches wir in euch setzen, sehr weitgehend. Denn wir wollen euch Mut machen, ja Mut machen.

Evangelisch Erwachsen werden bedeutet somit, mit Mut das eigene Leben zu entdecken. Mit Mut, das eigene Leben entdecken!

Das eigene Leben gilt es zu entdecken. Es geht nicht darum das Leben von anderen leben zu wollen; seien es die Leben von Fußballstars, Internetsternchen oder Sängerinnen. Das eigene Leben zu entdecken, bedeutet, sich selbst in dieser Welt zu erproben, zu testen und zu erfahren. Ob das bei den eigene Gaben und Fähigkeiten oder den Berufsideen ist, bei Freundschaften, im Ertesten der eigenen Grenzen oder auch im Umgang mit der Sexualität. Bei allem wird es Erfahrungen geben, bei denen wir euch direkt nicht mehr helfen können. Ihr werdet den Weg in das eigene Leben mutig voranzuschreiten haben. Nicht alle Erfahrungen sind Huiii und nicht alle sind Pfuii. Das Meiste wird im Vorübergehen, häufig auch einfach passieren. Manches mit einem tollen Nachhall, einem bleibendem Echo manches mit einem Knall. Das meiste mit der Frage, ach war’s das?

Wie wenn man Schwimmen oder Fahrradfahren oder eine neue Sprache erlernt. Dann gibt es einen Moment, wo man spürt, dass das Wasser wirklich trägt, der Gleichgewichtssinn einem in Balance hält und wenn der Traum in der Fremdsprache und nicht mehr der Muttersprache abläuft.

>Evangelische Erwachsen werden< bedeutet: Mut, das eigene Leben zu entdecken.

3.      Evangelisch Erwachsen sein

Während ihr in der Phase des Erprobens, Ertastens, Erlernens des eigenen Lebens (vor allem auch letztlich ohne die Eltern und die bisherigen Sicherheitsnetze der Familie) vieles unvoreingenommen wahrnehmt und erfahrt, ist die Zeit des >Evangelisch Erwachsen Seins< mit einer umwerfenden Erkenntnis verbunden. Diese Erkenntnis lautet:

Das Leben ist ein Ponyhof. Ja – egal was andere sagen: Das Leben ist ein Ponyhof, ein Wunschkonzert oder eine Kreuzfahrt.

Wichtig ist aber eine zweite Erkenntnis dabei. Nämlich, wo bin ich auf dem Ponyhof, auf der Kreuzfahrt. Sitze ich als Reinigungskraft auf dem Bauernhof und muss die Betten und Zimmer sauber machen. Miste ich den Stall aus? Bereite ich für andere Essen vor? Oder bin ich in der Verwaltung, um neue Ponyhofgäste heranzuholen. Das Leben ist ein Ponyhof, aber nur die wenigsten haben ein Dauerabo im Frontend, als Besucher oder zahlende Gäste. Ebenso bei dem Leben als der Kreuzfahrt. Friseuse ist ein ehrbarer Beruf, Animateur, Masseur, Krankenpfleger, Verkäufer/in den Geschäften des Kreuzfahrschiffes auch.

Und das Wesentliche des >Evangelisch Erwachsen Seins< ist es nicht, ungeduldig immer nach dem Leben der anderen zu schielen, die scheinbar es besser getroffen haben oder so tolle Kleider, Autos oder Urlaube haben. Wesentlich ist, dass Ihr das eigene Leben, euer Leben mit einer Gelassenheit sehen könnt und leben lernt.

>Evangelisch Erwachsen Sein< ist auch die Gelassenheit, das eigene Leben zu gestalten; egal wo ich stehe, wo ich bin oder was ich letztlich arbeite. Evangelisch Erwachsen Sein macht sichtbar, dass das Streben nach dem Glück immer eine Frage nach der Gelassenheit ist. Nach der Gelassenheit mit der Ihr bereit seit, das Glück im eigenen Leben zu sehen und Leben zu gestalten.

Und wenn man genug von Ponyhof oder Kreuzfahrt oder Musikantenstadl oder HipHop oder Whatsapp oder Chipstüten oder oder oder hat, dann kommt die Phase >Evangelisch Erwachsen bleiben<.

Vorsicht: Die Phasen haben bedingt nur was mit dem Alter an Jahren zu tun. Es sind Phasen, die sich selbst auch überlappen können.

4.      Evangelisch Erwachsen bleiben

Diese >Evangelisch Erwachsen Bleiben< ist letztlich nur dies: Die Zuversicht, das eigene Leben in Gottes Hand zu verantworten. Das eigene Leben zu verantworten vor sich, vor dem eigenen Umfeld und letztlich auch im Angesicht Gottes und des endlichen Lebens ist dies: zuversichtlich zu sein. Denn diese Hoffnung, die im Evangelium euch heute als Evangelisch Erwachsene und uns allen zugesagt ist, ist eine Hoffnung der Zuversicht  selbst über Glück, Reichtum, Tränen, Versagen und den Tod hinaus.

Wie viele Menschen Evangelisch werden, sein und bleiben, das weiß Gott allein. Die Zuversicht, das eigene Leben in Gottes Hand zu verantworten, führt letztlich alle drei Punkte zusammen:

Mut, Gelassenheit, Zuversicht / Mut, Gelassenheit, Zuversicht / Mut, Gelassenheit, Zuversicht

Kommt probiert es mal: Mut, Gelassenheit, Zuversicht (Konfis)

Nun steht auf und dreht euch bitte nicht zu mir, sondern zu euren Familien und der Gemeinde:
Mut, Gelassenheit, Zuversicht (3x) Danke!

Zutrauen und vertrauen ist >Evangelisch Erwachsen Werden, - Sein und - Bleiben<.
Und wir als Gemeinde, als Eltern, Paten, Verwandte, Freunde dürfen auch diesen jungen evangelisch Erwachsenen unsere Hilfe und unser Angebot für Mut, Gelassenheit, Zuversicht ZUSAGEN. So bitte ich Sie, aufzustehen und diesen Kinder, die nun zu Erwachsenen werden, zuzurufen:
Mut, Gelassenheit, Zuversicht / Mut, Gelassenheit, Zuversicht / Mut, Gelassenheit, Zuversicht. DANKE!

Evangelisch mutig Erwachsen werden, Evangelisch gelassen Erwachsen sein und Evangelisch zuversichtlich Erwachsen bleiben. Mut, Gelassenheit, Zuversicht in Gottes Namen. Amen

Eure Losung für den heutigen Tag (2. Kor. 13,13)

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen! Amen.