2019.12.24 – 22 Uhr (Mt. 1, 18-25): Kühle der Heiligen Nacht

Matthäus 1, 18-25 (Luther 2017) Matthäus 1, 18-25 (Neu Evangelistische Übersetzung)

18 Die Geburt Jesu Christi geschah aber so: Als Maria, seine Mutter, dem Josef vertraut war, fand es sich, ehe sie zusammenkamen, dass sie schwanger war von dem Heiligen Geist.

19 Josef aber, ihr Mann, der fromm und gerecht war und sie nicht in Schande bringen wollte, gedachte, sie heimlich zu verlassen.

20 Als er noch so dachte, siehe, da erschien ihm ein Engel des Herrn im Traum und sprach: Josef, du Sohn Davids, fürchte dich nicht, Maria, deine Frau, zu dir zu nehmen; denn was sie empfangen hat, das ist von dem Heiligen Geist.

21 Und sie wird einen Sohn gebären, dem sollst du den Namen Jesus geben, denn er wird sein Volk retten von ihren Sünden.

22 Das ist aber alles geschehen, auf dass erfüllt würde, was der Herr durch den Propheten gesagt hat, der da spricht (Jesaja 7,14):

23 »Siehe, eine Jungfrau wird schwanger sein und einen Sohn gebären, und sie werden ihm den Namen Immanuel geben«, das heißt übersetzt: Gott mit uns.

24 Als nun Josef vom Schlaf erwachte, tat er, wie ihm der Engel des Herrn befohlen hatte, und nahm seine Frau zu sich.

25 Und er erkannte sie nicht, bis sie einen Sohn gebar; und er gab ihm den Namen Jesus.

18 Es folgt die Geschichte der Geburt von Jesus, dem Messias: Seine Mutter Maria war mit Josef verlobt.[3] Da stellte sich heraus, dass Maria ein Kind erwartete, obwohl sie noch nicht miteinander geschlafen hatten. Sie war durch den Heiligen Geist schwanger geworden.

19 Josef, der schon als ihr Ehemann galt, war ein gewissenhafter und gottesfürchtiger Mann. Er nahm sich deshalb vor, den Ehevertrag stillschweigend rückgängig zu machen, um sie nicht bloßzustellen.

20 Während er noch darüber nachdachte, erschien ihm ein Engel des Herrn im Traum. "Josef", sagte er, "du Sohn Davids, zögere nicht, Maria als deine Frau zu dir zu nehmen. Denn das Kind, das sie erwartet, stammt vom Heiligen Geist.

21 Sie wird einen Sohn zur Welt bringen, den du Jesus, Retter, nennen sollst, denn er wird sein Volk von seinen Sünden befreien.

22 Das alles ist geschehen, damit in Erfüllung geht, was der Herr durch den Propheten angekündigt hat:

23 ,Seht, das unberührte Mädchen wird schwanger sein und einen Sohn zur Welt bringen, den man Immanuël nennen wird.' " Immanuël bedeutet: Gott ist mit uns.[4]

24 Als Josef aufwachte, befolgte er, was der Engel des Herrn ihm aufgetragen hatte, und holte seine Frau zu sich.

25 Er schlief aber nicht mit ihr, bis dieser Sohn geboren war, den er Jesus nannte.

 

1.       Einleitung

In der Kühle der Heiligen Nacht wollen wir uns aufmachen, die Emotionen, die Erzählungen, Geschichten und Sagen der Heiligen Nacht hinter uns zu lassen. Und so wollen wir uns mit der nötigen Klarheit dem Ereignis widmen, welches wir morgen als Geburtstag unseres Herrn Jesu Christi gedenkend feiern.

Wir haben die Weihnachtssage nach Lukas gehört. Die Geschichte des Lukas, der zu Beginn seines „Berichts“ (den wir Evangelium nennen) an einen Freund Theophilus schreibt:

„1 Da es nun schon viele unternommen haben, Bericht zu geben von den Geschichten, die sich unter uns erfüllt haben, 2 wie uns das überliefert haben, die es von Anfang an selbst gesehen haben und Diener des Wortes gewesen sind, 3 habe auch ich's für gut gehalten, nachdem ich alles von Anfang an sorgfältig erkundet habe, es für dich, hochgeehrter Theophilus, in guter Ordnung aufzuschreiben, 4 auf dass du den sicheren Grund der Lehre erfährst, in der du unterrichtet bist.“

Und die ersten beiden Kapitel bei Lukas sind eine Ansammlung von wunderlichen Geschichten um die Geburt des Johannes den Täufer, Marias Heimsuchung, ihre Schwangerschaft und die heute als Evangelium gelesene Weihnachtsgeschichte, die Lukas bewusst in eine historische Volkszählung des Kaisers Augustus einbindet: Zug nach Bethlehem, Stall statt Herberge, Krippe, Ochs und Esel, Hirten, Himmlische Chöre.

So ganz anders die zweite uns erhaltene Weihnachts- und Geburtsgeschichte zur Geburt Jesu.  Matthäus hinterlässt eine komplett andere Geschichte: Kein Augustus, kein Stall, keine Krippe, Hirten oder Engelschöre, sondern der schnöde Satz (Mt. 1,25 NEÜ): „Er schlief aber nicht mit ihr, bis dieser Sohn geboren war, den er Jesus nannte.“

Dann eine andere Geschichte mit Flucht nach Ägypten, weil König Herodes angeblich vor Kindesmord gegen das Jesus-Baby nicht zurück schreckt..

(Tabellenübersicht der beiden Erzählungen zur Geburt Jesu)

Unterschiedlicher könnten zwei Erzählungen ca. um 80./90. Jahr nach der Geburt nicht sein. Und in der Kühle der Heiligen Nacht wollen wir uns diesen sagenhaften, höchst unterschiedlichen Geschichten zur Geburt Jesu nähern.

2.       Bibeltext

Der Bibeltext dazu, für die heutige Christmette, findet sich im Matthäusevangelium. Die andere Geschichte zu Lukas. Lesen. Mt. 1, 18-25. (18-21.24-25)

Würde man beide Geschichte gegenüber stellen; also die Stall-Krippe-Geburt mit Hirten und Engelschor-Erzählung des Lukas mit der Matthäus-Geschichte um den gehörnten Josef, dem Sexualverzicht, der Geburt sowie den wundersamen Weisen aus dem Morgenland, der Flucht nach Ägypten- und Kindesmord-Geschichte – so fragt man sich, erzählen beide Evangelisten vom selben Ereignis.

Kein Gericht würde die beiden angeblichen Zeugenaussagen ernst nehmen, sonder lediglich eine Geburtsurkunde für ein Kind Jesu in Bethlehem ausstellen, dessen Eltern aus Nazareth kommen.

Und wir können sicher davon ausgehen, dass diese wunderhaften Erzählungen erst spät im ersten Jahrhundert entstanden sind.

Die ältesten Schriften des Neuen Testamentes, den Briefen des Paulus kommt eigentlich dazu fast nichts vor. Allein der Begriff Geburt bezogen auf Jesus kommt GANZE ZWEIMAL vor (Lukas 1, 14: „Und du wirst Freude und Wonne haben, und viele werden sich über seine Geburt freuen.“) und in unserem heutigen Predigttext (Mt 1,18a), der eingeleitet wird mit: „Die Geburt Jesu Christi geschah aber so:“

Paulus selbst bzw. die Apostel schreiben oder predigen gar nichts von der Geburt Jesu. Selbst Jesus erzählt nichts über seine Geburt. Dass er Brüder hat ist zweifelsfrei und ob es um eine Jungfrau ging für ihn schlicht unwesentlich. Die Nachgeschichte, also die Geschichte nach Kreuz und Auferstehung macht deutlich, dass mit diesen Ereignissen des Todes und der Auferstehung ein komplett neue Sichtweise einsetzte, was die Menschen um Jesus mit ihm erlebt hatte. Und manchmal erinnern sich Menschen auch verschieden, vermischend und überzeichnend. 

Ist dieser Hype um Jesus in der Geburtsnacht wichtig? Mal ganz ehrlich. Wer schon mal bei einer Geburt dabei war, also die Frauen und wenige Männer – neben dem Funktionspersonal wie Hebamme, Arzt, für die das Routine meist ist – wird sich kaum um einen solchen Hype kümmern. Fertig von der Geburt nimmt frau/man nicht Engelschöre oder Hirten, Esel und Ochs genauso wenig wie Krippen wahr, weil die ersten Tage man in der Regel Unterstützung (zumindest heute) zur Erholung erhält. Bei der heutigen Vielzahl von Kaiserschnitten (20-33% aller Geburten) ist das bei Lukas beschriebene Gedöns eh ausgeschlossen.

Also – wozu benötigen wir diesen Hype um die Geburt Jesu?

Sind wir notwendigerweise nur auf Romantik, Idyll oder Märchenerzählung aus? Lukas glorifiziert Maria als Gefäß, sozusagen als Leihmutter für Gott und bildet zugleich den seltsamen Kitsch um die besondere Mutterrolle/ Mutterliebe aus. Bei Matthäus spielt Maria eine komplett untergeordnete, passive Rolle, weil – wie der heutige Predigttext zeigt – es allein um den sich gehörnt fühlenden Josef geht.

3.       Christus – eine Geburt in der Kühle der Heiligen Nacht

Betrachten wir es verständig in der Kühle der Heiligen Nacht.

Christus ist durch Kreuz und Auferstehung unser Heiland. Die Geburt – so wichtig diese auch für seine Existenz auf Erden sein mag – ist wie alle Geburten – im Nebulösen des Persönlichen verborgen. Und das ist gut so.

4.       Heute

Denn weder Ochs noch Esel, weder Josef noch Maria, weder Hirten, Engelschöre noch Weisen aus dem Morgenland machen das aus, was wir an Weihnachten und der Heiligen Nacht und jeden Tag bedenken.

Dieser Mensch Jesus in Christus ist geboren. Dieser Mensch Jesus in Christus ist gestorben. Dieser Christus im Menschen Jesu ist Wundertäter, Heilsbringer, Anker im Leben und im Sterben. Dieser Christus im Menschen Jesu ist durch seine Auferstehung unser Heiland, der uns auch vom Tod ins Leben führen wird.

Ganz ehrlich – in der Kühle der Nacht, der Heiligen – muss diese unglaubliche Botschaft des befreienden Evangeliums noch künstlich glorifiziert, ausgeschmückt, bestaunt werden?

NEIN! Es ist nicht nötig, durch derartiges Bohei, Gedöns oder Geflitter die Evangeliumsbotschaft sagenhaft aufwerten zu wollen oder zu müssen.

Wer das tut, setzt die eigentliche Botschaft des Evangeliums sogar zurück. Und das ist weder nötig noch hilfreich.

Hilfreich ist nur dies: Gott in Christus hat durch Kreuz und Auferstehung uns seine Zukunft gesandt.

Amen.

Herr Schenke uns den Mut den Kitsch weg zu lassen, damit wir dein Evangelium sehen. Amen.